Donnerstag, 25. Juni 2015

Füllszenen - eine Ermutigung

Ich habe ganz oft das Problem, dass ich mir im Vorhinein denke "So eine Szene würde ich gern schreiben, aber sie bringt niemanden weiter" Dabei handelt es sich um Textabschnitte, die mir ein Gefühl vermitteln, aber in der Geschichte nicht wirklich etwas verändern. Ich denke in einem solchen Fall über sogenannte "Füllszenen" nach. Näheres dazu in diesem Post.


Was eine (gute) Geschichte ausmacht


Jede gute Geschichte ist spannend (oder zumindest so mitreißend, dass man sie nicht gähnend zur Seite legt), denn wenn man ein Buch schreibt, dann will man doch, dass die Menschen, die es lesen, es nicht aus der Hand legen können. Man will, dass sie gefesselt sind und 'dran bleiben.'
Dafür ist es wichtig, dass man auch mal Füllszenen einbaut, um dem konzentrierten Leserkopf ein wenig Entspannung zu geben.



Füllszenen - was ist das und wenn ja, wie viele?


Natürlich ist ein guter Spannungsbogen nie verkehrt, aber dies bedeutet nicht, dass sich eine spannende Szene an die andere reihen muss. Dadurch würde das Buch sehr anstrengend zu lesen, denn keiner kann sich alles merken. Der Leser wäre schnell überfordert und würde vielleicht etwwas wichtiges übersehen, was ihn zweihundert Seiten später dann verwirrt innehalten lässt. Außerdem könnte ich mir eine gewisse Verwirrung vorstellen, wenn man auszuselektieren versucht, was genau wichtig ist und was nicht. Füllszenen schaffen genau hier Abhilfe. Die Handlung wird hier nicht nennenswert vorangetrieben, die Protagonisten gehen vielleicht spazieren und reflektieren die Erlebnisse des letzten Kapitels oder schlafen. Natürlich sollte man sich vorher (oder spätestens beim Überarbeiten) überlegen, wann eine solche Szene Sinn macht, aber eigentlich passt es vom Gefühl her meistens ganz gut. Um das Ganze mal prozentual aufzusplitten, würde ich sagen, ein gutes Buch besteht (neben 100 anderen wichtigen Faktoren) aus 80% Story und 20% Füllszenen.
Hier ein Beispiel, wenn ihr noch nicht ganz verstanden habt, woran ihr eine Füllszene erkennen könnt.


Achtung, Füllszene. Konzentration kann abgeschaltet werden.


Franz erwischte das Taxi nur knapp, als er dann aber darin saß und die Wärme ihn einhüllte  konnte er sich etwas entspannen. Im Kopf durchlebte er die vorangegangenen Ereignisse noch einmal. Was hatte dieser Mann am Hauptbahnhof gemacht? Und war es reiner Zufall, dass er ihm so bekannt erschien? Sanft legte Lisa neben ihm ihre Hand auf sein Bein und er kam ein bisschen herunter. Er sollte sich nicht solche Gedanken machen. ... to be continued
Diese Szene reflektiert, was vorher passiert ist und erinnert den Leser so noch einmal daran. Die Fragen, welche Franz sich hier selbst stellt, kann der Leser für sich beantworten oder auch nicht. Wenn der Leser diese Szene nicht genau liest, würde es dem Verständnis für den Verlauf der Geschichte keinen Abbruch tun.


Jetzt gehts wieder wichtig weiter, KEINE Füllszene mehr!


Und dann sah er ihn. Der Mann stand, mit den Fingern schnippsend, am Wasserspender. Er trug eine dunkle Lederjacke und starrte ihn durchdringend an. Ob er tatsächlich ihn meinte? Franz vergaß die Leute um ihn herum völlig und bewegte sich rückwärts von diesem gruseligen Typ weg. Das hatte seine Folgen, denn er rannte prompt in jemanden hinein. 
Im Gegensatz zu der vorangegangenen Füllszene oben, ist diese Szene wieder wichtig, denn sie enthält Informationen, die den Fluss der Geschichte voranbringen. Wer zum Beispiel ist dieser Wasserspender-Kerl, vielleicht wird das später mal der Bruder seiner dann festen Freundin sein. Genauso der Mensch in den unser Beispielprotagonist hier hineinrennt: Zeigt er ihm den Weg eröffnet das völlig neue Möglichkeiten für die Geschichte an sich.


Ich schreibe einfach 100 Füllszenen und hab dann ein 500-Seiten-Buch


Dies ist k-(eine schlechte) Lösung, denn darum sollte es nicht gehen. Auch wenn das ziemlich gemein klingt, lässt es sich pauschal so ausdrücken: Wenn du nichts zu erzählen hast, dann lass es sein. Füllszenen machen NIE die Geschichte aus, sie unterstützen nur hier und da ein wenig und sei es auch nur, um den Protagonisten ein bisschen besser kennenzulernen. Meist weiß man als Autor selbst noch gar nicht, welche Szenen wichtig für den Verlauf der Geschichte werden und welche nur als Füllszene dienen, spätestens beim Überarbeiten am Ende wird einem dann aber klar, was man behält (sei es als Füllszene oder weil es wichtig ist) und was man mit Strg-D ganz schnell in den Papierkorb verschiebt.



kurzes Fazit über das viele Gequatsche


Zusammengefasst will ich damit nur sagen: Schreibt alles auf, was euch in den Kopf kommt, auch wenn es euch noch nicht wichtig erscheint. Es könnte die gesamte Geschichte in eine ganz neue Richtung lenken - und wenn nicht, dann nutzt ihr es einfach als Füllszene.


Also dann, auf gutes Schreiben
eure Skye '♥

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